1000 Worte zu Amerika
Camping im Fifth Wheel Trailer
Der Nordamerikanische Reisemarkt bot den europäischen Campern lange Zeit nur den Einheitsbrei der Wohnmobile. Wem das nicht genug Flexibilität war, dem blieb nur das Zelt! Einen gelungenen Kompromiss bieten die auf der anderen Seite des großen Teichs sehr beliebten Fifth Wheels.
Von Canada aus
Schon zum zweiten Mal überraschten uns die Canadier. Nachdem wir bereits über das pulsierende, vitale Toronto gestaunt hatten, waren wir von unserem gemieteten Gespann geradezu begeistert!
Erstaunt über den großzügigen Innenraum des von Außen eher unauffälligen Trailers, glücklich über die moderne und trotzdem angenehme Einrichtung und zufrieden mit der kinderleichten Handhabbarkeit hörten wir der Einweisung in die Geheimnisse des Fifth Wheels zu. Manchmal wird der Katalog eben doch von der Wirklichkeit übertroffen!
Ort des Geschehens: Die Vermietstation der canadischen Branchengröße Canada-Campers in Toronto. Sie ist die einzige von Deutschland aus zu buchende Company bei der außer preisgünstigen Mobilen auch seit Herbst 1993 aus Gespanne, die sogenannten Fifth Wheels, angemietet werden können. Und das mit Erfolg vor allem bei der Kundschaft aus Übersee, wie man uns versichert!
Die „fünften Räder“ zeichnen sich durch die sattelähnliche Kupplungsvorrichtung auf der Pritsche des Zugwagens aus, die beide Fahrzeuge zu einer formschlüssigen und -schönen Einheit zusammenfügt. Sie ist den großen Sattelschleppern abgeschaut und macht des Gespann wendiger und manövrierfähiger als eine Deichsel es könnte. Der über die Ladefläche ragende Teil des Trailers schließt den Zug aerodynamisch und macht ihn damit sehr seitenwindunempfindlich, wozu natürlich auch die vergleichsweise geringe Höhe beiträgt. Dies und die Tandemachse führen zu sehr guten Nachlaufeigenschaften und verschaffen dem Fahrer auch in kitzeligen Situationen Zeit zum Reagieren. Ein gutmütiges Fahrzeug also, das Niemanden vor unüberwindbare Probleme stellt!
Gut für Familien
Interessant ist so ein Gespann vor allem für Familien mit bis zu zwei Kindern, da sich a) die Struktur des Wohnraumes mit den bedarfsweise auf- und ab zu bauenden Betten im Heck dazu anbietet und es b) selbst in der Hauptsaison immer noch günstiger ist als ein vergleichbares Wohnmobil.
Die Belegung mit maximal sechs Personen ist allerdings nur hartgesottenen Campern zu empfehlen, da es dann auch in der Chevy-Zugmaschine sehr eng wird. Ideal erscheint die 2+2 Kombination. Reist ein Paar allein, können die beiden in verschwenderischem Platz schwelgen.
Innere Werte
Die ständige Schlafstätte im vorderen Überhang, über drei kleine Stufen erreichbar, ist mit Nachtkonsolen links und rechts der 180 x 200 cm messenden Liegefläche und den unter der Decke montierten Schränkchen eingerichtet wie das heimische Schlafzimmer. Leider fehlt es hier an einer Warmluftdüse, was sich in kühlen Herbstnächten bereits unangenehm bemerkbar macht. Der unten liegende Teil ist allerdings sehr gut bei Temperatur zu halten. Ebenso verhält es sich mit dem Bad. Die thermostatisch geregelte Heizung spricht zuverlässig an, auch der Gasverbrauch bewegt sich in engen Grenzen.
Der Schlafplatz im Alkoven ist mit zwei Schiebefenstern und einer Dachluke mehr als nur ausreichend zu belüften. Diese sind, wie alle anderen Öffnungen einschließlich der Tür auch, mit Fliegengittern gegen unangemeldete Besucher zu sichern, ohne den Kontakt zur Außenwelt zu verlieren. Das Abteil lässt sich bei Bedarf durch einen Vorhang vom Rest der Einheit abtrennen.
Kleiner Wermutstropfen: Die Alu-Rolläden, von Innen gegen die Fenster geschraubt, verbreiten einen etwas zu nüchternen Eindruck.
Auch die Peripherie ist gut auf vier Bewohner eingerichtet. Stauraum ist im Wohnteil ausreichend vorhanden. Der schräg L-förmig abknickende Küchenblock löst elegant jedes Platzproblem, so daß man sich zu keiner Zeit eingeengt fühlt. Über die Ausstattung dürfte jede(r) Hausfrau(mann) begeistert sein: Vierflammige Gaskochstelle, darunterliegender Backofen und Dunstabzug darüber lassen das Kochen selbst bei vollem Haus zum Vergnügen werden.
Der auf der gegenüberliegenden Seite eingebaute Kühlschrank fasst 55 Liter. Er besitzt ein separates Eisfach und gestattet selbst für so empfindliche Güter wie Eis und Bier eine angemessene Vorratshaltung.
Auch an den Abwasch ist gedacht: Doppelbecken-Spüle und große Ablagefläche sind Standard
Gegenüber von Küche und Eingang liegt der Nassbereich. Auf seinen 1,32 m² (1,8 x 1,3 m) finden Sitztoilette, Handwaschbecken mit Unter- und Spiegelschrank, sowie die in der Ecke liegende 0,6 x 0,6 m große Dusche Platz. Die Verarbeitung macht hier einen besonders guten und hygienischen Eindruck. Sinnvoll ist der weit hochgezogenen Rand der Wanne , der diese zum wirklich nutzbaren Inventar macht. Für rasche Lüftung sorgt der in die Dachluke eingebaute Ventilator.
Mit drei Fenstern ist der eigentliche Wohnteil im Heck wahrlich lichtdurchflutet. Der Esstisch und die beiden gegenüberliegenden Sitzbänke bilden den zentralen Punkt. Zum Einrichten der 0,9 x 1,8 m messenden Schlafstätte wird der Tisch heruntergeklappt und die entstehende Mulde mit Polstern aufgefüllt. Den Gegenpart bildet das Dreiersofa auf der anderen Seite. Mit wenigen Handgriffen aufgeklappt bietet es ein weiteres, gleichgroßes Nachtlager.
Draußen nichts Neues
Schlicht und aufgeräumt stellt sich der mit geräumigen Staufächern links und rechts ausgestattete Außenbereich dar. Was den Komfort angeht, so ist hier Handarbeit angesagt: Weder für die äußere Trittstufe noch für die vorderen Stützbeine ist ein elektrischer Antrieb vorhanden. Die Möglichkeiten Bodenunebenheiten auszugleichen, sind aufgrund der geringen Auszüge beschränkt und stellen einige Anforderungen an den Untergrund des Stellplatzes. Ebensowenig ist so ein Hänger mit Klimaanlage und leider auch nicht mit Generator ausgerüstet. Diese Fakten sollte man bei Planung von Route und Reisezeit beachten.
Persönlichkeitsmuster
Wer Bettzeug und Kochgeschirr nicht selbst mitbringt, muss vor Ort zusätzlich zum Mietpreis nochmals 40 Can$ pro Person für das Convienience Kit investieren. Diese persönliche Ausstattung umfasst Bettwäsche, Besteck, Schlafsack, diverses Besteck, Pfanne und drei andere Töpfe, Toilettenchemie und die erste Füllung der beiden 45 kg Gasflaschen. Bezahlt ist bezahlt, und so kann man alles am Reiseende mitnehmen! So ausgestattet ist man, vorausgesetzt der Kühlschrank ist voll, ziemlich autark, und man fühlt sich auch so.
Das intern als Super Travel Camper bezeichnete Gespann ist mittlerweile nur noch über den Nordamerikaspezialisten Canusa zu buchen. Canada Campers gestattet die Einreise in die USA ohne versicherungstechnischen Mehraufwand – umgekehrt gar nicht so selbstverständlich!
Fazit
Das 5th Wheel bringt den europäischen Touch des „fliegenden Holländers“ in den Amerika-Urlaub.
Nicht Größe allein zählt, sondern pfiffige Technik und Equipment, Freiheit und Spontaneität. Seine Ausstattung ist absolut mit der eines Motorhomes vergleichbar, für die angebotene Leistung sind die Preise zivil.
Neben den bekannten, oft als zu klein bemängelten 17 und 19ft Vans stellt es die einzige Alternative zum Mobil dar. Allerdings kann nur der das gewonnenen maß Mobilität richtig auskosten, der auf seiner Route oft länger verweilt. Wer nach bekannten Schema einfach nur durchfährt, ist mit einem herkömmlichen RV wohl besser bedient!
Technische Daten
Fift Wheel Trailer
Marke: Okanagan
Länge Trailer: 7,2 m
Breite Trailer: 2,3 m
Gesamthöhe: 2,48 m
Innenhöhe: 2,05 m
Gespann Länge: 12,6 m
Leergewicht: 850 kg
Zuladung: 550 kg
Frischwassertank: 100 l
Grauwassertank: 130 l
Schwarzwassertank: 60 l
Energieversorgung: 2 x 45 kg Propangas, Außenanschluss für 110 Volt, 35 Ampere
maximale Belegung: Vier Erwachsene und zwei Kinder
Zugwagen
Marke: Chevrolet CheyenneMotorisierung: 5,6 l V8 Benziner, 225 PS
Antrieb: Hinterachse über Automatikgetriebe, kein Allrad
Verbrauch: Im Schnitt 25 l / 100 km mit Trailer, ca 20 l ohne Anhänger
Ausstattung: Klimaanlage, Tempomat, Radio-Kassetten-Teil, Colorglas, max zwei Erwachsene und zwei Kinder im normalen Pick-Up, Viertüriger King-Cab gegen Aufpreis