Photogalerie „Die Essenz der Dinge“

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Mono Craters, Mono Lake/Californien     2 / 15
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Edward Weston (1886-1958) wurde in eine Zeit geboren, in der die Photographie noch nicht als eigenständige Kunstform anerkannt war. Das Hauptargument für diesen Ausschluß war, daß dem Photographen aufgrund der mechanischen Qualität des Prozesses nichts zu tun bleibt als auszulösen, wodurch eine einfache Kopie des Motivs entsteht. Wahre Kunst dagegen musste für die damalige Zeit eine Verarbeitung sein.
Die Stilrichtung, die, basierend auf den Werken von Henry Peach Robinson (1869) und Peter Henry Emerson (1889), die Photographie als vollwertiges künstlerisches Ausdrucksmittel etablieren wollte, war der Piktorialismus. Um das Medium aus der Ecke der reinen Dokumentation zu holen, ahmten die Piktorialisten die Malerei durch zwar sorgfältig gewählte, aber von großer Unschärfe im Vorder- und Hintergrund geprägte Ausschnitte und aufwändige Bearbeitung der Negative und Abzüge nach. So entstanden in Abgrenzung von der Massenphotographie viele Unikate, die bevorzugt Landschaften, Porträts und Akte, nicht aber normale Menschen in ihren alltäglichen, industriell geprägten Lebensumständen zeigen. Nach dem ersten Weltkrieg wurde der Piktorialismus für diese bloße Imitation der Malerei, die die eigentlichen Eigenschaften der Photographie verleugnet, hart kritisiert. Allerdings ist es unbestreitbar dem Piktorialismus zu verdanken, die Photographie als Kunst etabliert und so jede spätere Kritik erst ermöglicht zu haben.
Edward Weston war sich schon in jungen Jahren sicher, daß er Photograph werden wollte und besuchte das Illinois College of Photography, um eine Basis für den Lebensunterhalt durch die Photographie zu haben. 1911 eröffnete er sein eigenes Studio in einem Vorort von Los Angeles. Dort schuf er Porträts im für die Zeit so typischen, leicht unscharfen piktorialistischen Stil, die seine Kunden trotz der gewählten natürlichen Posen ansprechend und idealisiert erscheinen ließen. Diese Arbeiten und seine auf vielen Salons – internationalen Ausstellungen – ausgezeichneten meisterhaften Prints, brachten ihm Anerkennung und den Ruf als meisterhafter Bildschaffender ein.
In seinem Herzen aber wollte Weston schon damals als Künstler ernstgenommen werden und nicht nur als zwar bewunderter, jedoch dennoch nur Porträtphotograph auf der Stelle treten. Doch dazu musste er die intellektuelle Enge des damals noch sehr provinziellen Los Angeles hinter sich lassen. Den ersten Schritt dazu tat er mit der Bekanntschaft der freigeistigen Margrethe Mather, die ihn in unkonventionelle, freie Lebensformen einführte und darin bestärkte, die Photographie als künstlerische Ausdrucksform zu nutzen. 1922 war dann das Jahr des inneren Durchbruchs. Weston reiste zu Alfred Stieglitz nach New York, damals die photographische Instanz und Wegbereiter der Moderne in Amerika, um sich Kritik und Rat zu holen. Auf dem Weg machte er Station bei seiner Schwester in Ohio und dort photographierte er das Armco-Stahlwerk. Diese Bilder markieren Edward Westons photographischen Neubeginn, denn sie sind in Thema und Ausführung völlig anders als seine vorherigen Werke. Terence Pitts schreibt:

Die ausdrucksvollen Vertikalen der Schornsteine und Gebäude, die schwungvollen Biegungen der Rohre und die zarten Linien der Telefonleitungen bestimmen Westons Komposition. Die schroffe und kantige Massivität des Stahlwerks und die zarten Linien der Drähte vor dem Hintergrund des Himmels sind so gegeneinander gesetzt, daß die moderne Technologie und Nutzarchitektur in ihrem tiefsten Wesen erfasst werden.
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Die Texte und Bilder dieser Galerie sind in Buchform in der Reihe Photographie und Metaphysik unter dem Titel Edward Weston und die Essenz der Dinge erschienen.


(1)Edward Weston 1886 - 1958 (Icons), Taschen Verlag 2001, S. 76